Grenzen überwinden & Träume leben
Im Mai 2025 hat ein kleines Team aus der Schweiz eine aussergewöhnliche Reise unternommen: Gemeinsam haben sie mehr als 1’500 Kilometer von Unteriberg nach Anfield in England zurückgelegt. Ein besonderer Teil des Teams war Michael Holdener, ein lebenslanger Liverpool-Fan, der aufgrund einer unheilbaren Muskelkrankheit seit über einem Jahrzehnt auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Die Reise war mehr als eine sportliche Herausforderung. Sie stand für Durchhaltevermögen, Teamgeist und die Überwindung von Hindernissen. Zur Vorbereitung nutzte das Team ein professionelles Bikefitting in Einsiedeln, um optimal für die langen Etappen gerüstet zu sein.
Wie bist du Teil des Projekts geworden und was hat dich motiviert, Michael auf dieser Reise zu begleiten?
Ein Teil dieser Reise wurde ich durch Michael. Er rief mich an und erzählte mir von seiner verrückten Idee, mit dem Fahrrad nach Liverpool zu fahren. Ich musste zuerst lachen, war aber nach kurzer Überlegung sofort dabei. Trotzdem glaubte anfangs kaum jemand so richtig daran, dass wir die Reise tatsächlich antreten würden.
Mich motivierte vor allem, dass ich gemeinsam mit Michael dieses Ziel erreichen und ihn bei der Erfüllung seines Traums, mit dem Rollstuhl nach Liverpool zu fahren, unterstützen konnte. Gleichzeitig war ich gespannt, wie es mir körperlich ergehen würde, denn immerhin standen täglich durchschnittlich 110 Kilometer auf dem Programm.
Rückblickend, welche Bedeutung hatte die Reise für dich persönlich und für das Team?
Für mich persönlich war es eine wunderschöne Reise, abgesehen davon, dass ich mein Telefon verloren hatte und einmal die Schaltung nicht richtig funktionierte. Sonst passte einfach alles zusammen.
Auch als Team haben wir super funktioniert. Lustig war, dass wir uns untereinander kaum kannten, aber irgendwie war jeder mit jemandem befreundet oder hatte sich schon einmal bei einem Grümpelturnier getroffen. Trotzdem herrschte von Anfang an ein toller Zusammenhalt, auch mit dem Kamerateam Noel und Luciano. Wir verstanden uns wirklich bestens. Danke auch an meinen super Zimmerkollegen Thomas.
Zwei Momente sind mir besonders in Erinnerung geblieben:
Der erste war die Abfahrt in Unteriberg auf der ersten Etappe Richtung Zürich, wo uns so viele Menschen verabschiedet haben, das war unglaublich!
Der zweite war die Ankunft in Liverpool: Die letzten 200 Meter zum Stadion, alle standen vor dem Stadion, niemand sagte etwas, zwei Minuten lang einfach geniessen, realisieren: Ja, wir haben es geschafft! Da kamen mir tatsächlich die eine oder andere Träne und wir fielen uns in die Arme.
Die Route umfasste 15 Etappen zwischen 100 und 135 Kilometern. Welche Herausforderungen habt ihr dabei erlebt, sowohl körperlich als auch organisatorisch?
Wir hatten wirklich grosses Wetterglück. Es regnete nur an den ersten beiden Tagen in der Schweiz, danach blieb es bis zur zweitletzten Etappe in England trocken. Mit schlechtem Wetter wäre die Reise deutlich härter geworden.
Am dritten Tag hatte Michael Mühe mit der Kälte, sodass er einen Teil der Streckemit dem Auto absolvieren musste, er hatte schlicht kein Gefühl mehr in den Fingern. Für mich persönlich war die zweitletzte Etappe die härteste: Rund 130 Kilometer und fast 1000 Höhenmeter. Irgendwann möchte man einfach nur noch ankommen. Es war kalt, und wir mussten immer wieder anhalten, um Michael aufzuwärmen. Gleichzeitig fror man selbst immer mehr, was es nicht einfacher machte. Hin und wieder hatte jemand Schmerzen, sei es im Knie, in der Schulter oder im Nacken, aber sie waren immer aushaltbar.
Organisatorisch war es eine echte Meisterleistung: Alles funktionierte: Die Hotels, die GPS-Geräte auf den Fahrrädern, die Verpflegung, unser Begleitfahrzeug mit den Fahrern Severin, Marco und Patrick sowie das Kamerateam. Wir waren wirklich top unterstützt.
Wie würdest du das Teamgefühl während der Reise beschreiben und gab es Momente, die besonders zusammenschweissten?
Ja, besonders der zweite Tag mit dem schlechten Wetter und die kalten Etappen, an denen Michael zusätzliche Wärme brauchte, haben uns zusammengeschweisst. Wir hatten alle dasselbe Ziel und unterstützten uns gegenseitig, wo immer es nötig war.
Gab es Situationen, in denen ihr an eure Grenzen gestossen seid und wie habt ihr diese gemeistert?
Körperlich bin ich persönlich nie wirklich an meine Grenzen gekommen. Eher psychisch, als ich mein Handy verloren hatte und die Schaltung nicht mehr funktionierte. Ich wusste nicht, wie ich meine Frau zu Hause informieren sollte (lacht).
Körperlich war es meist gut machbar, auch wenn mein rechtes Knie hin und wieder etwas zog, vermutlich wegen Überbelastung. Die meisten Etappen waren angenehm flach.
Während des Fahrens suchte man hin und wieder das Gespräch, um die Zeit zu vertreiben. Das ist auf dem Fahrrad gar nicht so einfach, wegen Wind und Verkehr. Aber genau das machte es auch besonders.
Was hat dich an Michaels Einstellung und Motivation während der Reise am meisten beeindruckt?
Sein unglaublicher Wille, das Ganze durchzuziehen und Tag für Tag hunderte Kilometer in seinem Rollstuhl bis nach Liverpool zu bewältigen.
Selbst am dritten Tag, trotz Unterkühlung, wollte er weiterfahren, aber es ging wirklich nicht mehr, auch aus Sicherheitsgründen.
Für mich ist Michael ein Vorbild: Wie er mit seiner Krankheit umgeht und immer versucht, das Beste aus jeder Situation herauszuholen. Er blieb meist positiv, selbst bei starkem Wind, Kälte oder den teils schwierigen Strassenverhältnissen in England. Seine Motivation und seine Lebenseinstellung sind und bleiben beeindruckend. Da können sich viele eine Scheibe von abschneiden, ich auch.
Ihr hattet zuvor ein Bikefitting in Einsiedeln. Rückblickend, wie hat euch dieses Fitting konkret auf die Reise vorbereitet?
Ich habe mein Fahrrad leider erst spät erhalten, konnte dank eurer Flexibilität aber trotzdem noch ein Bikefitting in Einsiedeln machen. Das hat mir vor allem in Bezug auf die Sitzposition enorm geholfen.
Wir haben den Sattel in der Höhe und im Winkel deutlich angepasst. Zusätzlich wurde einer meiner Schuhe mit Cleats erhöht, da meine Beine nicht ganz gleich lang sind. Diese Anpassungen waren Gold wert.
Welche Anpassungen waren entscheidend, um die Strecke zu bewältigen, und wie haben sie sich im Alltag bewährt?
Wichtig war, die richtige Position auf dem Rennrad zu finden, damit ich auch nach mehreren Stunden möglichst wenig Schmerzen spürte.
Durch die Anpassungen hatte ich eine stabile, zentrale Sitzposition mit optimal verteiltem Satteldruck. Das war durch die Analyse sehr gut sichtbar. Es war extrem spannend, das zu sehen.
Welche persönlichen Erkenntnisse oder Erfahrungen habt ihr aus diesem Abenteuer mitgenommen?
Ich habe gemerkt, dass man erstaunlich lange auf einem Fahrrad sitzen kann (lacht). Vor allem habe ich aber gelernt, wie viel man erreichen kann, wenn man zusammenhält. Die Reise hat mir gezeigt, dass Grenzen oft nur im Kopf existieren. Wenn ich vor allem an Michael denke, dann denke ich an sein Durchhaltevermögen und seinen riesigen Willen, diesen Lebenstraum zu verwirklichen.
Wir sind durch verschiedene, wunderschöne Landschaften gefahren, über glatten Asphalt, Schotter und manchmal auch über richtig schlechte Strassen. Gerade diese Abwechslung hat das Abenteuer so besonders gemacht.
Und dass man mit einem funktionierenden Team unglaublich viel erreichen kann. So eine Reise schweisst wirklich zusammen.
Welche Botschaft würdet ihr anderen Menschen mitgeben, die vor eigenen Herausforderungen stehen oder eigene Träume verwirklichen möchten?
Mein Leitsatz für diese Reise lautete: Alles ist möglich, man muss es nur wollen.
Wichtig ist aber auch, die finanziellen Mittel nicht zu unterschätzen. Wir hatten das grosse Glück, dass uns so viele Freunde, Bekannte und Firmen unterstützt haben. Ohne sie wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen.
Name: Tobias Grätzer
Geburtstag: 22. April 1996
Hobbies: Orientierungslauf, Langlauf, Squash, Fussball, Darts und Radfahren
Ich bin Tobias Grätzer, 29 Jahre alt, wohne seit fünf Jahren in Einsiedeln im schönen Kanton Schwyz und bin in Unteriberg aufgewachsen.
Ich arbeite in einem Altersheim in Adliswil als Leiter des technischen Dienstes. Im Jahr 2024 habe ich die Ausbildung zum Hauswart abgeschlossen und bin bereits seit dem Jahr 2016 in diesem Betrieb tätig.
Ich geniesse es, Zeit mit Freunden oder der Familie zu verbringen, bin gerne draussen in der Natur, sei es auf dem Fahrrad oder zu Fuss und reise sehr gerne mit meiner Frau in neue Länder. Ebenso schätze ich auch einmal ein erholsames Wellnesswochenende, um neue Energie zu tanken.
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Bilderquellen:
Tobias Grätzer
https://www.blockbusterli.ch/